Mittwoch, April 01, 2020

Corona: Leben in der Krise 1 - Corona als Chance?

Steckt in der Corona auch ein positiver Aspekt

Die ganze Welt versucht momentan mit Kontaktsperren, Ausgangsverboten oder Kontaktreduzierung dadurch zumindest die Ansteckungsraten zu verlangsamen, um den Gesundheitssystemen Zeit zu verschaffen. Einige Stimmen plädieren diese Beschränkungen wieder aufzuheben. Andere befürchten eine Zunahme von Gewalt, vor allen in Familien, da Schulen und Kindertagesstätten ja geschlossen sind. Und viele Menschen haben einfach Angst sozial isoliert zu sein. Wenn man gezwungen ist zuhause zu bleiben, mag das für viele als Isolation empfunden werden. Schließlich ist man mit sich selbst allein. Wie gefährlich Einsamkeit, totale Isolation, z.B. als Strafe,oder Folter, sein kann, darüber schrieb Stefan Zweig seine berühmte Schachnovelle. Wie hält man sich aus, wenn es keine Ablenkung mehr gibt? Die Konfrontation mit seinen eigenen Dämonen kann in der Tat Ängste auslösen.

Aber könnte nicht gerade darin auch eine Chance liegen? So schreibt Edo Reents auf faznet vom 31. März 2020: "Die Lage ist für niemanden ein Spaß. Wenn es man aber für einen Moment absehen darf von all den ernsthaft bedrohten Menschen, den Alten, den Schwachen und sowieso schon Kranken; absehen auch von den wirtschaftlichen Folgen, die wiederum soziale haben werden – was bleibt dann noch als Problem? Es ist auf jeden Fall eines, von dem zumindest die vernetzte Gesellschaft wohl glaubte, ihm enthoben zu sein: "  Reents plädiert für die Chance der nur mit selbst verbrachten Zeit zu nutzen. Das sei immer noch ungewöhnlich, haben wir doch eine ganze Industrie, die uns die Zeit vertreibe, wenn wir Zeit haben, durch Fernreisen, Abenteuerreisen, usw. (Rüdiger Safranski). Uns darf es nie langweilig werden. Denn in der Einsamkeit sind wir auf uns selbst verwiesen. Wer bin ich eigentlich, jenseits von Aktionismus bis zum vermeintlichen Burnout?. "Es ist begreiflich, dass Menschen, die von dieser Industrie immer weiter zu Kunden abgerichtet werden, Schwierig-keiten kann, damit selbst zurückgeworfen sind. Zwar wird kein Gerät vom Virus lahmgelegt: aber das das Gefühl der Vereinzelung scheint derzeit dermaßen ausgeprägt zu sein, dass es die Kanäle der gewohnten Kommunikation gleichsam überspringt und Ratlosigkeit hinterlässt. Wer hätte das gedacht: Die Frage, was man auf eine einsame Insel mitnehmen würde, erfährt nun Relevanz.", so  Reents. Ja, keine Frage, mit sich selbst konfrontiert zu werden, kein Gegenüber zu haben, ausgesetzt seinen innersten Ängsten. Das können wir von bedeutenden Philosophen wie Schopenhauer, Nietzsche, Kierkegaard lernen, die die Einsamkeit erlebten.

Die Einsamkeit ist in vielen Religionen und Kulturen der Weg zur Selbstfindung, sei es die Visionssuche als Initiationsriten bei den Native Americans, meditative Versenkung im Buddhismus, so wie Buddha unter dem Bodhi-Baum sitzend seine Erleuchtung fand, im Hinduismus. Oder die "dunkle Nacht" vor der Erleuchtung in der Mystik, z.B. bei Johannes Tauler, Meister Ekkhard, Teresa von Avila. Oder auch Heilige wie Nicolaus von der Flüe. Mystische Strömungen gebe es in aller Religionen, aber es gebe auch Unterschiede, schreibt Schellenberger. " Die fernöstlichen Religionen tendieren stark dazu, den Menschen im großen Ganzen aufgehen zu lassen. In den mystischen Strömungen der monotheistischen Religionen, also Christentum, Judentum und Islam, steht der dialogische Charakter im Vordergrund. Die christliche Mystik ist ganz klar auf Jesus bezogen. (B. Schellenberger im  Sonntagsblatt vom 08. Februar 2015.

Auch von Jesus wissen wir, dass er seine erste Identitätskrise zu Beginn seines Wirken hatte, als er in die Wüste ging, wo er dreimal vom Teufel in Versuchung geführt wurde. (Mk  1, 12-13; Mt 4,1-11. [NB: Zwei weitere Krisen werden folgen, das Messiasbekenntnis des Petrus (Mk 8,27-30) sowie die Versuchung im Garten Getsemane. Mk 14,32-42]. Heute würden wir da von der Konfrontation mit seinen Schattenarchetypen sprechen, den es zu integrieren gilt. Jedenfalls wusste Jesus, was seine Aufgabe war.

Vielleicht kann die Corona-Pandemie dazu führen, dass die Welt und die Menschen wieder bewusster und spiritueller werden. Gehen wir bei aller Gefahr und der Tragik einer immer noch ansteigender Kurve von Ansteckungen und Todesfällen achtsam mit uns, mit unseren Mitmenschen und mit unserer Schöpfung um.

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