Donnerstag, April 09, 2020

Corona: Leben in der Krise 3 - Gründonnerstag

Donnerstag, 9. April 2020

Am Sonntag, 5. April 2020 feierten wir den Beginn der Karwoche mit Jesu Einzug nach Jerusalem. Heute ist Gründonnerstag, die Erinnerung Letzte Abendmahl, einen Tag vor Karfreitag, dem Tag, an dem Jesus gekreuzigt wurde. "Es kam nun der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem man das Passahlamm opfern musste. Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin und bereitet uns das Passahlamm, damit wir's essen. [...]Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und die Apostel mit ihm.Und er sprach zu ihnen: [....] Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt ihn und teilt ihn unter euch; denn ich sage euch: Ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt. (LK 22, 7.8; 18.18). Vor allem in der Karwoche wollen Menschen ja gemeinsam das Leiden und den Tod Jesus bedenken und feiern, zusammen als Gemeinde vor Ort und auf der ganzen Welt. Es wird besonders erinnert an die fürsorgliche Haltung Jesu allen Menschen gegenüber, die er zeigte als er seinen Jüngern die Füße wusch. "...da stand er vom Mahl auf, legte seine Kleider ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich. Danach goss er Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen und zu trocknen mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war." (Joh 13, 4f). Jedes Jahr erinnern wir uns an Jesus Leiden im Spiegel unseres eigenen Leids, im persönlichen Leben wie in der ganzen Welt.

Abtei gegründet vom Hl. Columban
im Jahr 563 n. Chr.
Aber die Kirchen werden leer bleiben, keine Gemeinsamkeit, Nächstenliebe durch soziale Distanz. Viele Menschen leiden unter der Isolation, dem Alleinsein durch die Kontaktreduzierung, Menschen sterben an Corona, Angehörige verlieren geliebte Menschen. Welchen Trost können wir aus unserem Leid und dem Leid der Welt ziehen?

Am 1. April schrieb ich in meinem Post Corona als Chance meine Gedanken zum Thema Alleinsein, Isolation, Einsamkeit nieder. Ich wollte zeigen, dass der Rückzug ins Alleinsein, das Zurückgeworfen sein auf sich selbst auch eine Chance, eine Gelegenheit sein kann, sich selbst besser kennen zulernen, jenseits von Hektik und Getriebensein von der Arbeit und Leistungsdruck, gehetzt durch die Welt zu gehen und alles machen zu müssen, weil es Glück verheißt, weil uns täglich in den Medien das Heil versprochen wird, vor allem durch Konsum. Insofern hat sich das Leben  verlangsamt, entschleunigt, auch wenn es für viele Menschen als bedrohlich und angstauslösend  erfahren wird. Experten waren mit Recht vor einer möglichen Überforderung der Eltern, von der Zunahme von Gewalt in Familien, es zu Krisensituationen kommen, angesichts des Leid, dass das Corona-Virus auf der ganzen Welt ausgelöst hat usw..

Viele Religionen sehen so eine Auszeit, einen Rückzug wichtige Aus-Zeit für uns Menschen an. Roger Schütz, der Begründer von Taize nannte das "Kampf und Kontemplation" . Es ist wichtig sich für sich Zeit zu nehmen, sich eine "Wüstenzeit" zu gönnen. Jesus ging in die Wüste um sich seiner Aufgabe zu vergewissern. Dort fand er fastend und betend seine eigentliche Berufung.

Die letzte Einsamkeit in seine Leben fand genau nach dem Abendmal statt. "Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg" (Mk 14,26), in den Garten von Getsemane. Jesus wurde begleitet von Petrus Jakobus und Johannes, die schliefen aber gleich ein und ließen ihn allein. Er aber betete: "Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!." (Mk 14, 36). Was bei Markus hier so nüchtern klingt, zeigt dennoch die größte Krise und die stärksten Zweifel im Leben Jesu. Es ist verständlich, dass er um einen Ausweg bat. Ihr war ja klar, was mit ihm passieren wird. Was aber soll er tun? Weglaufen? Das hätte er im Trubel des Passahfestes in Jerusalem machen können. Aber was wäre dann für ihne geblieben. Diese Entscheidung musste er in dieser Stunde, allein und einsam, treffen, was bedeutet, niemand kann ihm diese Entscheidung abnehmen. Für Eugen Drewermann ist diese Szene noch erschüttender als die Kreuzigung selbst. IM Vergleich zu anderen großen Religionsstifter ist das Außergewöhnliche Jesu seine Menschlichkeit, schreibt Drewermann, denn nur von Jesus habe man berichtet, "er habe bebend vor Angst seiner Auslieferung und seiner Hinrichtung entgegengesehen." 

Eine filmische Darstellung dieser Szene hat mich seit meiner Jugend immer wieder bewegt und erschüttert. Es ist genau diese Szene im Garten von Getsemane aus dem Film Jesus Christ Superstar. Jesus bittet um eine Erklärung, die er nicht bekommt. Wütend, den Berg hoch stürmend, schreit er  Gott an, er möge ihm doch eine Antwort geben, und ihm zeigen, dass er nicht umsonst gelebt habe. Gott aber schweigt zuletzt. Am Schluss dieser Szene zwingt ihn die Last seines baldigen Schicksals in die Knie,physisch und psychisch am Ende. Es scheint als würde er sich verzweifelt in sein unausweichliches Schicksal ergeben und in seinen Tod am Kreuz einwilligen. 


 Aber dann kommt der Wende. In seiner schlimmsten Stunde, verzweifelt und hilflos, einsam und verlassen, erkennt er, dass es ja nie um ihn ging, aber die Geschichte - when I started, I didn't start it - auch nicht begonnen habe, sondern Gott, dass es seine Aufgabe war die Botschaft von der Gottesherrschaft zu verkünden und letztendlich sein Leben dafür auch zu riskieren. Das wurde ihm in diesem Moment bewusst. So schließt die Szene, dass er sich eben nicht und hilflos und und unfreiwillig in seinen Tod einwilligt, sondern sich vertrauensvoll in seines Vaters Hände begibt. Aus purer Angst wird Vertrauen. Hier noch mal der Schluss der Szene.


Den Tod am Kreuz stirbt er brutalen und schrecklichen Tod, aber nur noch physisch, denn er weiß Gott =Abba an seiner Seite. Die Auslegungen der Gottesferne im Sterben Jesu findet sich jedoch nur bei Markus und Matthäus. Dieser Psalm sei eine Gebet aus tiefe Leideserfahrung, beinhalte, sondern thematisiere das Thema "Beugung und Erhöhung" als typisches Heilshandeln Gottes (A. Deissler). Dieses Gebet sei Jesu Sterbegebet gewesen, aber sein Schrei wurde erhöht. Aber letztendlich zeigt sich hier das tiefe Vertrauen in seinen Vater. Zu zeigen, wie Gott ist, das war seine Aufgabe in seinen Worten und seinen Taten. Und darauf hat er vertraut. So sagte er in der Bergpredigt: "Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden." (Mt 5,4) und in Kapital 6, ""Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?"Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.....Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.(Mt 6, 24ff.)-26a;  

Übrigens taucht im Film Die Hütte, "Eine Wochenende mit Gott" die Theodizeefrage, also die Frage, warum Gott das Leid zulasse, auch das Leid seines Sohnes am Kreuz. Die Hauptfigur McKenzie verzweifelt an dem Tod seiner Tochter, wird auch seltsame Weise dann in eine Hütte eingeladen. Dort trifft er auf die Dreifaltigkeit mit Gott in weiblicher Gestalt. Sie antwortet auf diese Frage: Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Dann zeigt im Gott/Göttin die Wundmale an ihren eigenen Händen. Diese Interpretation hat mich sehr berührt.


Wenn als Gott seinen Sohn auf die Erde sandte um uns zu zeigen, wie Gott ist, dann kann man sich nur schwer vorstellen, dass Gott seine Tod so wollte. Gerade diese Szene zeigt mehr noch als der Kreuzestod, dass es Jesu eigene Entscheidung. Schließlich hat er ja immer wieder von seinem Leiden gesprochen. Vielleicht kann uns das gerade in der momentanen Krise Trost, Hilfe und Vertrauen sein. Leider sprechen wir Christen dann immer zu schnell von Ostern und scheinen die Geschichte vom Ölberg und den Karfreitag zu vergessen. Hier der Trailer und ein paar Szenen aus dem Film.

    



 

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